Gewaltprävention - Soziales Lernen

Nicht immer gewinnt der Stärkere

Dana Ehleiter und André Ulrich bieten Gewaltpräventionsprojekt

Kampfsport hat nicht immer den besten Ruf. Boxen, Kickboxen, selbst Taekwondo oder Karate sind für viele Leute einfach nur brutal. Doch das stimmt nicht. Dana Ehleiter und André Ulrich wollen zeigen, dass Kampfkunst und Kampfsport auch gerade für Kinder und Jugendliche sehr gut sein kann.

Es ist morgens, kurz nach acht Uhr. Da stehen sich nun die beiden vielleicht sieben Jahre alte Jungen gegenüber. Beide haben ein Schwert in der Hand und einen Helm auf dem Kopf. Doch die Hiebwaffe ist gepolstert, es kann also nicht viel passieren. Ein Zeichen von Sozialpädagoge André Ulrich und los geht’s: Die beiden kleinen Kämpfer gehen aufeinander los. Aber schnell ist der Kampf auch schon wieder unterbrochen. Nun wird erst einmal geredet.

„Die Schüler müssen sich mit ihren Frustrationen auseinandersetzen.“

Für den Beobachter wird klar: Das Kämpfen steht an diesem Vormittag in der Dekan-Ernst-Grundschule gar nicht im Mittelpunkt. Die insgesamt zwölf Schüler aus der ersten, zweiten und der dritten Klasse setzten sich viel mehr mit Verantwortung, Ein-ühlungsvermögen und Fairness auseinander. „Mit Kooperationsübungen und Kampfkunst lernen die Sechs- bis Neunjährigen als Gruppe an einer Aufgabe zusammenzuarbeiten und miteinander achtsam umzugehen“, erläutert Ulrich. Seine Kollegin Dana Ehleiter fügt hinzu: „Wir ermöglichen den Schülern fair miteinander und gegeneinander zu kämpfen. Beim Gewinnen und Verlieren kommen sie an ihre emotionalen Grenzen und müssen sich dann in Reflexionsgesprächen mit ihren Frustrationen auseinandersetzen.“Ulrich arbeitet hauptberuflich normalerweise in Ludwigshafen als Streetworker. Ehleiter ist studierte Sozialpädagogin und Budo-Taekwondo-Lehrerin der Black Belt Kampfkunstakademie Worms. Beide bieten ihr Gewaltpränventionsprojekt „Lucky Punch – Budosport-Pädagogik“ an mehreren Schulen und Einrichtungen an. Ulrich, der sich auch als Boxtrainer ehrenamtlich engagiert, führt dabei die Schüler im sozialen Gruppentraining an das Thema faires Kämpfen heran. Ehleiter setzt den Schwerpunkt ihrer Gruppenarbeit auf Wahrnehmung und Kommunikation. Das Zusammenführen der Kampfkunst und des sozialen Lernens nennt sich in der Fachsprache „Budosport-Pädagogik“.

„Ein Schwerpunkt des Projekts besteht darin, dass sich die Jugendlichen mit körperlicher Gewalt auseinandersetzen und beim fairen Kämpfen ein positives Gefühl für den eigenen Körper bekommen“ erklärt Ulrich. Ehleiter fügt an: „Mit dem Ansatz aus der Budosport-Pädagogik ,Ich kann das!’ wird das Selbstbewusstsein der Schüler gestärkt und die Stärken des Einzelnen herausgearbeitet.“ Sie erzählt: „Wir machen viel Theorie, versuchen die Kinder durch die Kampfsituationen zu analysieren. Immer wieder sind manche dabei, bei denen man sieht, wo viel Aggressionspotenzial steckt. Da intervenieren wir dann und versuchen, mit den Kindern und Jugendlichen zu arbeiten.“ Die gebürtige Quirnheimerin, die ihren Schwarzen Gurt in Taekwondo auch immer zu den Veranstaltungen mitbringt, erklärt weiter: „Wissenschaftliche Forschungen haben gezeigt, dass gerade Kampfkünste und Kampfsportarten hierfür einen wertvollen Beitrag leisten können. Vorausgesetzt, sie werden qualifiziert angeleitet.“

Die Schüler kämpfen im, sogenannten Belt-Fight und Katana-Combat.

Bei all der Theorie kommt der Kampfsport nicht zu kurz. Doch das Augenmerk liegt dabei stets auf der „Fairness“. Ehleiter und Ulrich lassen die Schüler im so genannten Belt-Fight und Katana-Combat gegeneinander antreten. Mit Schutzhelmen ausgestattet kämpfen die Kinder im Wettkampfmodus. „Nach dem Punkt-Stop-Prinzip werden die Kämpfe strukturiert ausgetragen.

Das Katana-Combat ist ein Wettkampfsystem, in dem sich die Schüler mit speziellem Schaumschwertern am Kopf und Körper treffen müssen. Wichtig dabei ist, dass das Schwert mit beiden Händen festgehalten wird. Ansonsten wird der Punkt bei einem Treffer nicht gezählt“, so Ulrich. Ehleiter sagt: „Nach einer ausführlichen Reflexionsrunde danach stellen die Schüler fest: Nicht immer gewinnt der Stärkere.“

Autor: Reiner Bohlander

Quelle: Rheinpfalz, 4.08.2017

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